damals, als ich mit annabelle-sagt.de Pfand weggebracht habe

Es sind Tage wie diese, an die man sich noch sein Leben lang erinnern wird.

Es ist wie in dem Film „One Hour Photo„. Der Fotolaborangestellte Seymour Parrish, gespielt von Robin Williams, philosophiert darüber, was wir Menschen so fotografieren. Es sind nicht die alltäglichen Dinge wie unsere Wohnung, unsere Arbeit oder unsere profanen Gegenstände des Lebens. Stattdessen sind es besondere Sachen wie Urlaube, Geburtstage, andere Festlichkeiten und sonstige Ausnahmesituationen im Leben. Aber das spiegelt ja irgendwie nicht unser „wirkliches“ oder „wahres“ Leben wider. Deswegen fordert der Mann vom Fotolabor, dass man auch die ganz einfachen Dinge im Leben fotografisch festhalten sollte. Und genau das haben wir heute getan.
[Zwei Sachen zum Background. Erstens: Besagter Film wurde 2002 gedreht, Robin Williams wusste also noch nichts von unserer später noch kommenden Selfie- und Essensfotografiersucht.
Zweitens: Im Laufe des Films entwickelt sich die ganze Geschichte in eine strange Stalkerstory. Die Geschichte hier wird anders ablaufen, versprochen.]

So viel zur Theorie. Nun zur Praxis.
Dieses Kapitel trägt den Titel: Die unbekannte dunkle Seite von Reudnitz. Oder: Wer feiern kann, kann auch Pfand wegbringen

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Die Lage checken: Im Kaufland angekommen befielt die Chefredakteurin ihrem Praktikanten, die Flaschen zu sortieren. Ein unmögliches Unterfangen. Doch der Teufel trägt Zara. (Glaub ich. Keine Ahnung. Reimt sich. N bisschen.)

Vergangenen Freitag zelebrierte die bekannte Stilikone und Food-, Fashion-, Porno-, Leipzig- und Lifestylebloggerin annabelle-sagt.de ihren Geburstag in einer sagenumwobenen Nacht voller Speis, Trank und Gesang. Jeder kennt diese Seite von annabelle-sagt.de. Ausschweifende Partys, hochprozentige Getränke und barbusige Gastgeberinnen. Aber die finstere Seite, die kennen nur Eingeweihte.

Aus Speis, Trank und Gesang wird schnell Scheiß, Pfand und Gestank. Doch solche Informationen sucht man vergeblich auf annabelle-sagt.de. Lifestyle und Kaufland – passt das zusammen? Es wirkt wie ein Versteckspiel, das das selbsternannte Einhorn der „Reudnitzer“ Bloggerszene  hier spielt.

Was ist also passiert? An einem stinknormalem Montag im Juli, nur wenige Tage nach ihrem Geburstag, erwischt man die Fashionista mit einem Accessoire, das man sonst nicht von ihr kennt. Jutebeutel? Kennt man. Marc Jacobs-Parfüm? Logo, schon gerochen. Aber den stylishen Rewe-Beutel mit auslaufenden Bierflaschen und einem gar unerträglichem Geruch? Das ist neu. Das ist vielleicht auch ein bisschen geil. (Für Reudnitzer Verhältnisse echt ein feines Düftchen.) Hurra, Hurra, da lässt keiner was anbrennen.

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Angewidert und nur mit einem Hungerlohn bezahlt: der Praktikant.

Langer Rede kurzer Sinn: Es gibt eine dunkle Seite hinter jedem Glitzerblog, der im Internet präsent ist. Jede Do-It-Yourself-Uschi hat Dinge, die sie sich sicher nicht herself do-t. Und jede Fashionblogger-Heike hat einen Tag, an dem sie die gleichen Schuhe trägt wie gestern. Und jeder Food-Blogger-Mirko schummelt mal beim Essen taggen und jubelt seinen Followern ein #vegan unter, wo eigentlich ein #vegetarian #rischgeileSahne hinsollte.

Was lernen wir daraus? Es ist nicht alles golden, was touch hat.

Jeder Mensch hat eine Schokoladenseite und eine Bierpisse-läuft-mir-durch-den-Rewe-Beutel-direkt-auf-meinen-Rock-Seite. Aber welche wollen wir zeigen? Welche sind wir bereit, auszuleben? Wird man annabelle-sagt.de demnächst am Südplatz nach 60 cent fragen hören? Wird man kartoffelwasser.de demnächst sinnvolle Texte schreiben sehen? Oder wird man sich fragen, wie das alles geschah? Wahrscheinlich nicht. Aber es gibt uns alle verbindende Wahrheiten, die wir nicht länger verstecken sollten. Wir alle sind Reudnitz. Wir alle sind zugezogen. Und wir alle stinken, tief im Herzen, nach altem Bier. Egal, ob man mittlerweile in der Südvorstadt wohnt und Reudnitz den Rücken zugekehrt hat. Du kannst vielleicht Reudnitz verlassen. Aber Reudnitz wird dich niemals verlassen. You’ll never walk alone to the Kaufland zum Pfand wegbringen.

Prost.


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