Wenn ich auf die letzten 24 Jahre meines Lebens zurücksehe, merke ich, dass ich mich nur an so verdammt wenig erinnern kann. So viele Gedanken, Erlebnisse, Begegnungen, Theaterstücke, Spaziergänge und so viele schöne Momente verschwinden ganz einfach und ohne ein Geräusch im Nichts des Vergessens.
Nur ein paar solide Erinnerungen oder Fotos wecken Assoziationen, wie es damals wohl war. Aber auch das kann nur andeuten, mehr nicht.
Schon nach einem halben Jahr habe ich schon wieder all die schlauen Sätze vergessen, die in einem Theaterstück vorkamen, die in einem Gespräch fielen oder nur in meinem Kopf zu hören waren. (Meist passiert das aber auch schon nach wenigen Minuten.) Dabei hatten diese Dinge doch so viel Kraft und beeindruckten mich so sehr. Auch die Emotionen, die ich gefühlt habe und die Probleme, wegen derer ich nachts nicht schlafen konnte: passé.
Flüchtige Kontakte, kluge Gedanken, schöne Augenblicke und diffuse Ängste gehen verloren in den versiegenden Nervenbahnen und kommen abhanden in unseren Hinterköpfen. Irgendwo da hinter unserer Nase liegt all unser Wissen und unsere Erfahrung. Aber das meiste davon kann man sich nie wieder vor Augen führen. Es schläft, liegt im Koma und wacht vielleicht nie wieder auf. Lediglich das Endergebnis all dieser Erfahrungen haben wir stets bei uns.


Kommentare

2 Antworten zu „—“

  1. „Wir fürchten immer, das Gedächtnis zu verlieren. Es ist die Quelle unserer Leiden. Gut leben wir nur im Vergessen. Das Gedächtnis ist der ärgste Feind des Glücks. Glückliche Menschen vergessen.“ (Jean-Michel Guenassia)

  2. Avatar von Kartoffel Wasser
    Kartoffel Wasser

    Das ist schön gesagt und hat wohl auch einen wahren Kern, solange es einem gerade gut geht. Ich weiß nur nicht, ob das Prinzip „aus den Augen, aus dem Sinn“ so gut und beglückend finde. Und ob man Schlechtes überhaupt so schnell vergessen bzw. verdrängen kann und sollte (siehe Freud). Aber für bestimmte Sachen geht das sicher ganz gut. Wobei das auch wieder abstumpft…
    Das Zitat sehr gut, danke.

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